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Bangladesch Teil 1: Der Plan, Vorbereitungen Und Unsere Erwartungen

Milena

Vor zwei Monaten sind wir von unserer Reise nach Bangladesch zurückgekehrt und haben nun erstmal ein Weilchen gebraucht um alle Eindrücke und Erfahrungen zu verarbeiten. 

Noch immer können wir uns an den Lärm, den ständigen Stau und das Getummel auf den Straßen, die andauernden Sirenen und Hupen, sowie die beißenden, gewöhnungsbedürftigen Gerüche überall, nur allzu gut erinnern. 

Wie es überhaupt zu der Reise kam, was wir erlebt und alles gelernt haben, möchten wir nun mit Euch teilen.

Im September geht es bei vielen Deutschen in den Urlaub. Zu den Traumzielen 2018 zählen laut Tripadvisor Städte wie Paris, London, Rom und Barcelona, sowie die Inseln Bali und Kreta. In die bangladeschische Hauptstadt Dhaka würde es wohl die wenigsten Leute (freiwillig) verschlagen. Wir sind jedoch trotzdem irgendwie dort gelandet.

Natürlich weder um Urlaub zu machen, noch um sonstigen Armutstourismus zu betreiben, sondern aus beruflichem Interesse – gemeinsam mit einer bunt zusammen gemischten Reisegruppe.

Unsere engagierte Reisegruppe

Das Vorhaben nach Bangladesch zu reisen war eher ein recht spontanes, bei dem wir uns mit mehreren anderen kleinen Grüppchen, die wir zu Beginn alle nur flüchtig kannten, zusammengeschlossen haben.

Initiiert wurde die Reise von einem engagierten Lehrer des Friedrich-von-Alberti-Gymnasiums in Bad Friedrichshall – für uns einfach nur “Axel”. Dieser hat vor einiger Zeit die Schülerfirma #changemaker ins Leben gerufen, die in Bangladesch nachhaltige T-Shirts und Sweatshirts aus Bio-Baumwolle herstellen lässt und dann in Deutschland verkauft.

Nachdem das Projekt mehrere Preise gewonnen hatte, beschloss Axel gemeinsam mit drei Schüler*innen, die am Projekt beteiligt waren, der Fabrik einmal persönlich einen Besuch abzustatten und einmal vor Ort Einblicke in die Produktion zu gewinnen.

Mit von der Partie war dazu auch noch Daniela Bopp von der Roland Bopp GmbH, deren Tochter auch bei der Schülerfirma mitwirkt (aber leider zu jung für die Reise war) und die sich um die Koordination der #changemaker-Produktion von Deutschland aus, gekümmert hat.

Philipp und Maria von der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg (kurz: S.E.Z ), die unter anderem die Future Fashion Messe organisieren, sowie Anton von der Aktion Hoffnung, der sich mit der Verwertung von Textilien aus der Altkleidersammlung beschäftigt.

Als Filmteam begleiteten uns zudem noch Joshua und Michael, zwei nette Jungs von imagis TV, und dann waren da eben auch noch wir mit an Bord: Markus und Marco von greenality (auch zwei sehr nette Jungs😄). 

Da wir uns schon seit Jahren mit der fairen und nachhaltigen Produktion von Kleidung auseinandersetzen und schon mit mehreren Produktionsstätten in Indien und der Türkei zusammengearbeitet hatten und dabei sowohl positive wie auch negative Erfahrungen machten, konnten wir unsere Kenntnisse und unser Wissen prima einbringen und gleichzeitig viel Neues dazu lernen. 

Von Arbeitsbedingungen und Arbeitsunfällen: unsere Erwartungen

Vorstellungen, wie es in Bangladesch wohl sein könnte, hatten wir viele. Die meisten waren jedoch von Vorurteilen geprägt, die hauptsächlich durch die mediale Berichterstattung bedingt waren.

Wer kennt sie nicht, die Bilder und Videoaufnahmen, die einem nur einen kurzen Einblick in das Leid der Menschen geben, die aufgrund unseres westlichen, oft achtlosen Konsumverhaltens unter unmenschlichen, skrupellosen Bedingungen arbeiten müssen? Alles für ein billiges Shirt oder den neuesten Modeschrei der Fast-Fashion Industrie.

Immer wieder hört und liest man von der Korruption der Firmen und der Ausbeutung der Textilarbeiter*innen, den Misshandlungen, der Kinderarbeit, den schlechten Arbeitsbedingungen, den niedrigen Löhnen und den furchtbaren Arbeitsunfällen.

Der wohl (medial) bekannteste Unfall war hierbei der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza am 24. April 2013, bei dem 1135 Menschen getötet und 2438 verletzt wurden.

Anders als beim Brand in der Tazreen-Textilfabrik im November 2012, bei dem “nur” 117 Menschen getötet und circa 200 verletzt worden waren, hatte das Unglück von Rana Plaza einen weltweiten Aufschrei verursacht. Als Konsequenz veränderte sich das Bewusstsein der westlichen Konsument*innen und dadurch auch der Umgang mit den Textilarbeiter*innen radikal, sodass es in den letzten Jahren einige Verbesserungen gab.

Dieses Bild ging um die Welt – und veränderte das Leben in Bangladesch in den letzten 5 Jahren extrem | Foto: rijans

Für bessere, faire Arbeitsbedingungen macht sich unter anderem die bangladeschischen Gewerkschaft “National Garments Workers Federation”, sowie die “Kampagne für Saubere Kleidung” und die “Fair Wear Foundation” stark.

Unsere Reise hat uns nun die perfekte Gelegenheit geboten, einmal selbst zu sehen, inwiefern sich die Situation in den letzten 5 Jahren nach dem Unglück verändert und verbessert hat. Auf den Spuren der Textilindustrie in Bangladesch, konnten wir Einblicke in die Produktionsbedingungen in “schlechten”, sowie in “guten” Fabriken, erhaschen und hatten zudem auch noch die Chance die Arbeitsbedingungen in der Fabrik, in der unsere eigenen greenality basics hergestellt werden, einmal selbst zu überprüfen.

Ein weiterer wichtiger Punkt auf unserer Liste war es, einmal einen Einblick zu bekommen, inwiefern sich die Arbeit in der Textilindustrie auf die gesamte Lebenswelt der Arbeiter*innen und die bangladeschischen Gesellschaft auswirkt. Welche akuten Probleme gibt es und wie kann man sie lösen? 

Vorab: Schwarz-Weiß-Denken ist fast unmöglich und die meisten Aspekte sind viel facettenreicher, komplexer und undurchdringlicher als es einem vielleicht im ersten Moment erscheint. 

9 Tage Bangladesch: Die Vorbereitung

Von unserer Homebase in Stuttgart sind wir zuerst nach München gefahren und dann von dort aus, über Dubai nach Dhaka, die Hauptstadt Bangladeschs, geflogen. Bevor man aber eine solche Reise beginnt, ist es ratsam, sich ein bisschen mit dem Land auseinander zu setzen.

“Made in Bangladesch” kennt wohl jede*r. Die Geografische Lage, sowie Fakten zum Land, sind aber wahrscheinlich eher weniger präsent. Das kleine Land hat zwar nur eine Fläche von 147.570 km² (zum Vergleich: Deutschland hat eine Fläche von 357.386 km²), ist aber weltweit der zweitgrößte Textilexporteur nach China.

Mit knapp 165 Millionen Einwohner*innen ist auch die Bevölkerungsdichte extrem hoch (Deutschland zählte im Jahr 2016 etwa 82,5 Millionen Einwohner*innen). Die Hauptstadt Dhaka ist eine der am schnellsten wachsenden Megastädte, die es zur Zeit weltweit gibt.

Das könnte zum einen auch daran liegen, dass ein Großteil der Textilindustrie sich direkt in Dhaka befindet. Mehr als 4 Millionen Menschen arbeiten im Textilbereich und ziehen dafür häufig vom Land in die Stadt, in der es mittlerweile über 5000 Textilfabriken gibt. Der Wunsch nach Beschäftigung und einem besseren Gehalt als in den ländlichen Gegenden zieht die Menschen nahezu pausenlos in die Metropole.

Die Textilindustrie wird zwar wegen den schlechten Arbeits- und Produktionsbedingungen im Westen immer wieder kritisiert, hat jedoch auch zu einer Senkung der Armut und Kindersterblichkeit, sowie zur Erhöhung der Lebenserwartung beigetragen.

Die momentane genaue Einwohnerzahl ist ungenau, im Zentrum von Dhaka schätzt man aber etwa 9 Millionen und in den anliegenden Gebieten etwa 19 Millionen Menschen – Fakt ist: es sind unglaublich viele Menschen.

Krankheiten und Terrorwarnungen

Beim Auswärtigen Amt finden sich zahlreiche Reise- und Sicherheitshinweise, die vor einer Reise nach Bangladesch berücksichtigt werden sollten.

So gilt seit einiger Zeit ein erhöhtes Risiko für terroristische Anschläge, die sich insbesondere gegen Ausländer/Touristen und Diplomat*innen richten, wie tödliche Anschläge des „Islamischen Staates“ gegen religionskritische Blogger, Wissenschaftler, Homosexuelle und Angehörige religiöser Minderheiten in der Vergangenheit mehrfach zeigten (wie z.B. die Geiselnahme am 1. Juli 2016 im Diptomatenviertel Dhakas). “Homosexuelle Handlungen” zwischen Männern sind in Bangladesch jedoch auch staatlich gesehen strafbar.

Generell sollte man sich auch nach Einbruch der Dunkelheit nicht zu Fuß auf der Straße aufhalten, wobei Frauen sowieso abgeraten wird alleine zu reisen.

Vor der Reise nach Bangladesch sollte man sich zudem ausführlich von seinem Arzt / seiner Ärztin beraten lassen, gegen welche Krankheiten man sich alles impfen lassen sollte. Jedoch schützen diese nicht vor den zahlreichen Viren, die über Stechmücken übertragen werden können, wie etwa das Dengue-Fieber und der Chikungunya-Virus.
Auch sind diverse Durchfallkrankheiten, die durch bengalische Speisen und Getränke verursacht werden, bei westlichen Touristen sehr “beliebt”, wie auch einige Teilnehmer*innen unserer kleinen Reisegruppe “erleben durften” ;).

Unser Programm

Während unseres kurzen Aufenthalts in Dhaka hatten wir ein vollgepacktes Programm.
Zuerst besuchten wir den Produzenten der #changemaker Shirts und die Partnerschule des Friedrich-von-Alberti-Gymnasiums in Dhaka, an die ein Teil der Gewinne der Shirts gespendet wird. Danach lernten wir die Sichtweise der Gewerkschaften, sowie den Zwist zwischen diesen und den Fabrikbesitzern und Produzenten näher kennen. Treffen mit UNICEF und der CARITAS vertieften unsere Einblicke in das Leben in der Textilindustrie, sowie die Herausforderungen, vor denen die Menschen dort stehen und die immense Bedeutung von kindlicher Früherziehung und Bildung, die momentan ausgebaut werden soll. Ein Besuch im Kern Dhakas zeigte uns den bunten Trubel außerhalb der Fabrikhallen. Zuletzt besuchten wir noch die Produzenten unserer Basic-Kollektion, mit denen wir nun seit circa einem Jahr zusammen arbeiten. Klingt nach viel Programm? War es auch! Klingt nach vielen neuen Infos? Aber hallo!

Los geht’s!

Im zweiten Teil unseres Reiseberichts berichten wir Euch Schritt für Schritt von unseren Erlebnissen, also dran bleiben!

Wichtig vorab: da wir nur einzelne Einblicke bekommen haben und dabei merkten wie unglaublich komplex, die gesamte Situation vor Ort und die gesellschaftlichen Herausforderungen sind, spiegeln unsere Erfahrungen lediglich einen kleinen Teil und unsere persönlichen Erlebnisse wider und haben keinerlei Absolutheitsanspruch!